Pythagoras trifft Antipythagoras: Ein Vorschlag zur Grundlegung der euklidischen Geometrie in Schule und Universität

Der Vortrag enthält einen Vorschlag für den Aufbau einer fachwissenschaftlichen Theorie der ebenen euklidischen Geometrie und für deren didaktische Umsetzung in Universität und Schule. Der vorgeschlagene fachwissenschaftliche Zugang betont die Stufung der geometrischen Theorie in drei Teile: Auf der untersten Stufe befindet sich die maßfreie abstrakte Geometrie, die von affinen Ebenen mit senkrecht-Relation und Streckenkongruenz handelt. Hier liegt also eine relative dürre und schlichte mathematische Struktur vor, deren überschaubares Axiomensystem einen verträglichen Einstieg in das Training des begrifflichen Denkens in der Geometrie ermöglicht. Auf der nächsten Ebene begegnen wir der reellen Geometrie mit Längenmaß, wo es darum geht, das Problem der Anordnung, also das zwischen-Phänomen, in den Griff zu bekommen, ohne dass der begriffliche Aufwand dafür eskaliert. Hier öffnet sich das reichhaltige Feld der Längenrechnung, auf dem es zur Begegnung von Pythagoras und Antipythagoras kommen wird. Der Vortrag enthält auch einen Ausblick auf die reelle Geometrie mit Winkelmaß, der dritten Stufe der Theorie, wo es gelingt, den notorisch widerspenstigen Winkelbegriff zu zähmen. Als didaktische Leitlinie für die Umsetzung in der Lehre wird der Vorschlag gemacht, eine ungewöhnlich reichhaltige Basis von geometrischen Grundtatsachen in die drei Stufen der geometrischen Theorie zu integrieren, um die ansonsten oft quälend langsame Etablierung des gewöhnlichen Evidenzniveaus abzukürzen.